Sonntag, 5. August 2012

Marktausblick Juli 2012

Eurokrise


Die Eurokrise schwelt leider weiter. Was momentan fehlt ist eine starke Persönlichkeit mit visionären Ideen. Als nach dem zweiten Weltkrieg der Marshall-Plan implementiert wurde, entsprach sein Wert dem mehrfachen Jahresbudget von Amerika. Dies würde heute etwa der Ankündigung eines Wachstumspaketes von EUR 2 Trillionen entsprechen. Völlig undenkbar, dass dies heute ein Politiker vorschlagen würde.


Die Politiker denken nur bis zu den nächsten Wahlen. Es werden keine mutigen Entscheide getroffen sondern man gibt immer nur so viel nach, wie gerade unbedingt nötig ist, um die Märkte etwas zu stabilisieren. 2 Wochen später geht die Diskussion dann von neuem los.
Immerhin gehen die Entscheide der letzten Monate in die richtige Richtung zu einer Stabilisierung des Euroraumes. Die Banken werden gestützt, die Staaten sparen und die europäische Integration wird vorwärts getrieben.
Wie im Bericht vom Januar geschrieben: Wir haben keine wirkliche Wirtschaftskrise sondern eine Vertrauenskrise in die Staaten bzw. Regierungen der Eurozone.

Die europäischen Politiker werden noch Kompromisse schliessen und Entscheide treffen, die alle heute für unmöglich halten. Mit dem Europäischen Wirtschaftsraum steht viel auf dem Spiel. Nicht nur die Jobs der vielen Politiker in Brüssel, sondern auch wie Europa in der Welt wahrgenommen wird. Zerfällt Europa werden die einzelnen Länder in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Drehen wir den Spiess einmal um. Wer wären die Verlierer und Gewinner wenn Europa auseinender bricht?
Die Gewinner wären die Problemländer wie Griechenland, Spanien und Portugal, denn sie könnten Ihre Währungen 30-40% Abwerten und wieder wettbewerbsfähig werden. Der absolut grösste Verlierer wäre aber Deutschland. Die Währung würde in kurzer Zeit 40-50% Aufwerten und die Exporte im Keim ersticken. Die Folge wäre eine Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. Die Deutsche Kanzlerin würde von der politischen Bühne gefegt.

Deutschland blockiert momentan weitere Schritte in der Europäischen Integration wie Eurobonds. Aus den oben genannten Überlegungen wird aber Deutschland schlussendlich einlenken müssen. Sobald in jedem Europäischen Land eine Schuldenbremse implementiert ist, wie wir dies aus der Schweiz schon lange kennen, wird Deutschland nachgeben.

Tritt dies ein, werden sich die stark unterbewerteten Aktienmärkte im Euroraum sehr schnell erholen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis dies geschieht.

Die Börse ist ein schwieriges Pflaster. Verhaltensregeln die sich die Menschen über tausende von Jahren angeeignet haben gelten hier nicht.
Wenn vor tausend Jahren Menschen gerannt sind, so musste man nicht überlegen und auch wegrennen, da Gefahr drohte. Es war von Vorteil mit der Masse zu gehen.
An der Börse gilt dies nicht. Wenn alle etwas kaufen so kommt schnell eine Phase in der es niemand mehr gibt der etwas kaufen kann um die Preise noch mehr nach oben zu treiben. Erste Verkäufer treten auf und der Markt dreht nach unten. Wenn man an der Börse mit der breiten Masse geht, so investiert man in jede Blase und macht massive Verluste.
In der momentanen Marktphase bedeutet dies, dass man kaufen muss. Alle die Angst haben und verkaufen wollten, haben dies bereits getan aber erste Mutige kaufen bereits wieder. Jeden Tag in den Abendnachrichten werden neue negative Meldungen verbreitet, aber dennoch legt die Börse seit anfangs Jahr leicht zu.

Ausblick auf die zweite Jahreshälfte 2012:

Wie bereits im Januar geschrieben gibt es viele Gründe, die für eine baldige Erholung sprechen. Da die Erholung aber nur langsam vor sich geht verzweifeln viele.
Nach einer Rezession, die durch eine Finanzkrise ausgelöst wurde dauert die Erholung 3-4 Mal länger als üblich. Kommt dann noch eine Staats- und Vertrauenskrise dazu dauert es noch länger.

Alle positiven Entwicklungen, die ich im letzten Marktbericht vom Januar 2012 beschrieben habe, gelten nach wie vor. Ich halte deshalb an einer Übergewichtung von soliden europäischen Aktien, insbesondere Firmen mit einer hohen Dividendenrendite wie Nestle fest.

Im letzten Jahr haben viele Anleger Ihr Geld aus den USA und Europa abgezogen und in Fernost investiert. Alle sprechen von den guten Wachstumschancen von Asien und den Schwellenländer. Das tiefere Wachstum in Amerika und Europa (und die damit sinkenden Exporte) sollen durch den Konsum der neuen Mittelschicht in diesen Ländern kompensiert werden. Ich befürchte schon länger, dass dies ein Trugschluss ist.         
Die neue Mittelschicht in den Schwellenländer ist durch den Export reich geworden. Wenn dieser Export nun ins stocken gerät beginnen Firmen Leute zu entlassen. In einem solchen Umfeld werden die Leute sparen und nicht konsumieren.

Mein Gefühl wird nun durch Aussagen  von Li Keiqiang (Vize Premierminister von China seit 2004) untermauert. Er sagte an einer Konferenz, dass er den offiziellen Wachstumszahlen von China (GDP: Gross Domestic Product) nicht traue, da alle lokalen Gouverneure möglichst gut da stehen wollen und daher die Zahlen nach oben frisieren. Wenn er Entscheide treffen muss, dann schaut er auf folgende Zahlen:

Total Industrial Electricity Consumption:
April 2010 to April 2011: +12.1 percent
April 2011 to April 2012: +1.55 percent

Exports to European Union:
April 2012 vs. April 2011: - 2.4 percent

Imports of goods to be sold to foreign customers:
April 2012 vs. April 2011: - 4.1 percent

Dies bedeutet, dass die wirklichen Wachstumszahlen in China so zwischen 0-2% liegen, weit unter den 6-8% die momentan angegeben werden.
Wenn sich diese Einsicht in Europa verbreitet, werden massiv Gelder aus Asien und den Schwellenländer zurück gezogen. Aus diesem Grund kaufe ich momentan keine oder nur ganz wenige Fonds die in Asien und den Schwellenländer investieren.

Die Chance für mutige Anleger sind momentan gross. Natürlich gibt es aber auch Gefahren. Die grösste Gefahr, die ich zur Zeit sehe sind die Spannungen im Nahen Osten. Falls Israel oder die USA Iran angreifen um das Atomprogramm zu stoppen, könnte dies zu einem Flächenbrand führen. Es würde zu einem Guerillakrieg im Roten Meer kommen. Da ein grosser Teil des Weltölbedarfs über dieses Nadelöhr muss, würde sich der Ölpreis verdoppeln. Der zarte Wirtschaftsaufschwung würde im Keim erstickt und die Weltwirtschaft in eine zweite Rezession fallen.
Falls dies geschieht, müsste man reagieren und das Risiko in einem Portfolio reduzieren.


Was die allgemeine Wirtschaftssituation angehet, denke ich, dass wir uns in etwa an der gleichen Stelle befinden wie anfangs Jahr.


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