Sonntag, 5. August 2012

Marktausblick Januar 2012

Ich habe mich entschieden neu auch meine Marktberichte, die ich per Ende Juni und Dezember erstelle hier zu Posten. Die Berichte werden ca. 20 Tage nachdem die Kunden es erhalten haben hier veröffentlicht.
Damit man den Bericht per Juni 2012 besser versteht liefere ich hier noch den Bericht nach, den ich im Januar 2012 geschrieben habe.

Politische Märkte

Zu den starken makroökonomischen Ungleichgewichten kam, dass es in den letzten 20 Jahren noch nie ein Markt gab, in dem es so wenigen Fondsmanagern gelang den Benchmark zu schlagen. Die Über- und Unterperformance der Fonds gegenüber dem Benchmark hielt sich im Portfolio 2011 ungefähr die Waage; konnte aber keinen zusätzlichen Mehrwert liefern.
Das liegt vor allem daran, dass Fondsmanager darin gut sind die Firmen zu beurteilen, in die sie investieren. Sie sind aber keine Experten in Politikwissenschaften. Kein Fondsmanager konnte zum Beispiel im November 2011 voraussehen, dass Griechenland ein Referendum über das Euro-Sparpaket ankündet und es einige Tage später wieder zurück zieht.
Es gab 2011 viele sogenannte binäre Entscheide. Die Politiker künden für ein klar definiertes Datum einen Entscheid an. Fällt er positiv aus, steigen die Märkte um 10%; fällt er aber negativ aus, sinken die Märkte um 10%. Ein verantwortungsvoller Fondsmanager wird in solchen Fällen das Risiko minimieren. Ironischerweise hat aber genau dieses Sicherheitsdenken dazu geführt, dass die meisten Fondsmanager keinen wesentlichen Mehrwert generieren konnten.

Doch warum ist die Politik momentan an den Märkten so aktiv? Der folgende Chart zeigt die momentane Rezession im Vergleich zu "normalen" Rezessionen:


Es wurden für den Chart die Produktionszahlen der Industrie der letzten 122 Rezessionen in der Geschichte betrachtet. Der Vergleich der schwarzen mit der roten Linie zeigt auf, wie viel schlimmer Rezessionen sind, die vom Finanz- und Bankensystem ausgelöst werden. Die momentane Rezession schneidet selbst im Vergleich mit den schlimmeren Finanzrezessionen nochmals schlechter ab und wird daher mit der stärksten Rezession in der Geschichte von 1932 verglichen.

Der einzige Grund warum wir als "normale" Bürger die Rezession nicht so stark spüren wie 1932, liegt daran, dass sich die Notenbanken ganz anders verhalten als in den 30er Jahren und die Märkte massiv stützen und mit Liquidität versorgen. Die Notenbanken wollen um alles in der Welt eine Defaltionsspirale wie in den 30er Jahren verhindern, die schliesslich zu zwei Weltkriegen geführt hat. Bisher haben sie aus meiner Sicht einen guten Job gemacht.

Einen Fonds, der sich negativ entwickelt hat möchte ich hier speziell hervorheben. Es ist der Obligationenfonds der Swisscanto, der Swisscanto (LU) Bond Invest CoCo. Der Fonds investiert in Wandelanleihen von Banken und die neuen Pflichtanleihen, die sogenannten CoCos.
Der Obligationenfonds weist seit dem Kauf eine Rendite von minus 12% auf. Wieso ich mich für diesen Fonds bzw. diese Art von Obligationenfonds entschieden habe, möchte ich gerne an dieser Stelle erläutern.
Meine Aufgabe ist es ein ausgeglichenes und breit diversifiziertes Portfolio aufzubauen. Eines der grössten Risiken momentan ist die massive Untergewichtung in Finanztiteln. Fast kein Fondsmanager traut diesen Titeln. Das gesamte Fondsportfolio weist eine massive Untergewichtung in Finanztiteln aus, die aber fast 15% des Benchmarks ausmachen.
Falls die Politiker positive Entscheide fällen, ist es sehr gut möglich, dass die Banken in einer Woche 10-20% zulegen. Ein Portfolio ohne Finanztitel würde in einer solchen Phase eine sehr viel geringere Rendite aufweisen als der Markt.
Von 2007 bis 2011 hat es sich gelohnt nicht in Banken zu investieren. Da ein Untergang der Banken   sehr unwahrscheinlich ist und die Titel momentan sehr günstig bewertet sind, habe ich mich Mitte 2011 dazu entschlossen die massive Untergewichtung in Banken etwas abzubauen. Der Fonds der Swisscanto war dazu gut geeignet. Er investiert nicht direkt in die Aktien der Banken sondern in die Wandelanleihen mit einer höheren Sicherheit. Der Swisscanto Fonds ist also nicht wirklich ein Obligationenfonds sondern eher ein Aktienfonds mit angezogener Handbremse.
Der Entscheid, den Anteil von Finanztiteln im Portfolio zu erhöhen, kam zu früh - aber ich denke er wird sich 2012 noch auszahlen.


Ausblick auf das Jahr 2012:

Ein Englischer Schriftsteller hat bereits vor 100 Jahren gesagt:
"Die ökonomische Krise ist eine Tragödie für alle die fühlen aber eine Komödie für alle die denken."

Meine Aufgabe wird es auch in diesem Jahr sein, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich durch die Presse und die Politiker nicht zu sehr beeinflussen zu lassen.

Obwohl man im Fernsehen und den Zeitungen fast nur negative Schlagzeilen liest, gibt es auch positive Ausblicke:
-    Die EU Politiker diskutieren zur Zeit über Entscheide, die in die richtige Richtung gehen. Alle vier Problemkreise werden endlich gemeinsam angepackt. Diese sind: Rettung von Griechenland, Vermeidung der Ansteckung, Stabilisierung der Banken, zusätzliche Europäische Integration. Zudem hat der Europäische Rettungsschirm EFSF einen Konstruktionsfehler. Italien, dass vom Rettungsschirm wohl bald gerettet werden muss, haftet mit 17% für alle Schulden des EFSF. Italien bürgt somit für sich selbst.
-    Der Entscheid, ob Eurobonds (gemeinsame Anleihen aller Euro Länder) aufgelegt werden sollen, wird heiss diskutiert. Fakt ist, dass die Europäische Nationalbank bereits jetzt Anleihen aufkauft, was praktisch der Euroanleihe entspricht.
-    Insider (das heisst Firmenbesitzer) beginnen in grossem Stil, ihre eigenen Aktien wieder zu kaufen, da sie die Aktien für unterbewertet halten. Die Käufe sind auf einem Niveau wie bereits 2008, als einige Monate später die Märkte im März 2009 nach oben gedreht haben.
-    Die meisten Firmen sind kerngesund und haben wenig Schulden. Zudem lief das Weihnachtsgeschäft wesentlich besser als viele das befürchtet haben.
-    Die Risikoaversion ist so hoch wie nach dem Platzen der Technologieblase im Jahr 2002/2003 und in der Finanzkrise 2008/2009. Langfristig betrachtet sind das gute Einstiegspunkte.

Ich denke daher, dass sich die Märkte im Januar und Februar 2012 sehr gut entwickeln könnten. Es besteht sogar die Chance, dass die Märkte in kurzer Zeit 10-20% zulegen werden. Deshalb habe ich auch bereits im Dezember 2011 das Portfolio darauf eingestellt.
Besonders gefallen mir momentan Aktien, die eine höhere Dividendenrendite aufweisen als die Obligationen der gleichen Firma. Solche Dividendenfonds habe ich daher im letzten Dezember auch dazugekauft.
Zudem habe ich den Aktienanteil in Amerika erhöht. Neben der anhaltenden Konsumfreude der Amerikaner wirken sich Wahljahre in den Vereinigten Staaten positiv auf die Entwicklung der Aktienmärkte aus. Dies insbesondere wenn eine grosse Chance besteht, dass die wirtschaftsfreundlicheren Republikaner an die Macht kommen könnten.

Wenn die Berichtesaison der Firmen im Februar 2012 durch ist, könnten die negativen Punkte wieder überhand nehmen. Diese sind:
-    Die Lage bei der Eurokrise ist nach wie vor düster und viele Probleme nicht gelöst. Der freiwillige Wertverzicht der Anleger bei den Anleihen in Griechenland, wie im Oktober 2011 beschlossen wurde, wird nicht durchsetzbar sein. Die Massnahmen, die Griechenland und Italien verordnet wurden, greifen nicht so gut wie erwartet. Auch die weiteren Schritte zu einer grösseren Europäischen Annäherung sind noch nicht beschlossen.
-    Die Staaten der G7 Länder haben alle sehr hohe Schulden. Es ist gelingt Ihnen nicht, wie in früheren Jahren mit umfangreichen Stimulierungspaketen der Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Es wird sogar diskutiert die Steuern weiter zu erhöhen, was eine Erholung der Wirtschaft im Keim ersticken könnte.
-    Es gab noch nie einen Fall in der Wirtschaftsgeschichte, in der der öffentliche Sektor (Staatschulden) sowie der private Sektor (Firmenkredite und Privatschulden) gleichzeitig reduziert wurden.   
Auf der ganzen Welt werden die Anlagerisiken herunter gefahren. Auf Neudeutsch bezeichnet man dies als Deleferaging. Laut dem neuen Bankenregelwerk Basel II müssen die Banken Ihre Risiken massiv reduzieren und das Eigenkapital aufbauen. Die Banken halten weltweit USD 75 Billionen an Risikokapital. Laut Basel III müsste dies um USD 40 Billionen reduziert werden. Wer soll die Papiere den Banken abkaufen, wenn alle sparen? Es gib Experten die befürchten, dass dieser Prozess 10 Jahre dauern wird und die Aktienmärkte in dieser Zeit seitwärts gehen werden.

Die einzige Möglichkeit bei all diesen Unsicherheiten Geld zu verdienen, besteht in einer dynamischen Assetallokation des Vermögens. Je nach Risikoprofil des Kunden immer eine Gewichtung von 50% oder 70% in Aktien zu halten, wie das fast alle Banken machen, macht keinen Sinn. Der Aktienanteil und das Risiko müssen aktiv verwaltet und gesteuert werden.
Ich werde mich auch 2012 nicht davor scheuen, in schwierigen Marktphasen größere Teile des Portfolios in Bargeld oder kurzfristigen Obligationen zu halten.

Was die allgemeine Wirtschaftssituation angehet, denke ich, dass wir uns in etwa an der gleichen Stelle befinden wie Mitte 2011.


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